Tanztheater „Drückt aus, was euch bewegt“

Es ist fast ein kleines Wunder, zu sehen, wie Menschen, deren Bewegungsspielraum durch Parkinson stark eingeschränkt ist, beim Tanzen beinahe übers Parkett schweben, sagt Vera Borchers. Die heute 75-jährige ist selbst von Parkinson betroffen, 2013 wurde sie Regionalgruppenleiterin in Kassel und zur gleichen Zeit entdeckte sie spezielle Tanzangebote für Menschen mit Parkinson.

Vorreiter war damals die Marc Morris Dance Group in Brooklyn, New York, die Tänzer und Choreographen dort wollten keine neue Therapie entwickeln, sondern eine einfache Bewegungsform, die nicht anstrengend ist, sondern erquickend und Wohlbefinden und Resilienz stärkt. Mit ihnen nahm Frau Borchers Kontakt auf und erfuhr, dass es auch in Deutschland Angebote der Morris Company gab, in München, Ingolstadt und Bremen. „Das wollten wir natürlich auch in Kassel haben“, erzählt sie und so kam es zum ersten Workshop, an dem einen Tag lang Patienten, Angehörige und Therapeuten die neue Art der Bewegung kennenlernen konnten. Danach gab es regelmäßig Tanzveranstaltungen in Kassel mit Tomas Bünger, dem Choereographen aus Bremen, und es formte sich eine Gruppe von etwa 30 Leuten, die immer wieder an den Workshops teilnahm.

Jahre später entwickelte sich daraus die Idee, einen einwöchigen Tanzworkshop auch als Mittel des eigenen Ausdrucks zu nutzen, gemäß dem Motto: „Drückt im Tanz aus, was euch bewegt.“ Im letzten Jahr sollte diese Tanzwoche dann gar in einer öffentlichen Aufführung münden, wegen der Corona-Bestimmungen waren aber weder Aufführung noch Üben in der Gruppe möglich. Doch Tänzer sind kreative Menschen und sie gingen in einen ganz eigenen Weg. Während der Übungswoche kam jeweils 1 Tänzerin oder 1 Tänzer zusammen mit dem Tanzlehrer an einen außergewöhnlichen Ort in Kassel, etwa das Hugenottenhaus oder das UK 14, und konnte sich einen halben Tag lang tänzerisch ausdrücken. Das alles wurde vom Filmemacher Johannes Hocks aufgenommen und anschließend in einem Film zusammengefasst.

Doch nicht nur das Medium war neu, vielmehr wurde Inklusion einmal anders herum gestaltet. Die Menschen mit Parkinson, die über Jahre an den Workshops teilgenommen hatten, luden diesmal auch Angehörige, Menschen ohne einschränkende Erkrankung und sogar professionelle Tänzer mit ein. Die Premierenaufführung des Films konnte dann wieder nur im kleinsten Kreis stattfinden. Deshalb stellt Vera Borchers zusammen mit den anderen Aktiven den Film digital zur Verfügung.

„Wir möchten viele Menschen inspirieren und ermutigen, den Tanz auch für sich zu entdecken, diese bewegende Kraft, die Leichtigkeit und die Lebensfreude“, sagt sie. Und vielleicht kann das nächste Tanztheaterprojekt ja wieder ganz persönlich stattfinden.

Den Film „In einem Boot“ können Sie über diesen Link anschauen, https://www.mediathek-hessen.de/medienview_22282_Vera-Borchers-OK-Kassel-In-einem-Boot–Ein-Tanzfilm.html