Parkinson in Zeiten der Pandemie

Der Welt Parkinson Tag findet jedes Jahr am 11. April, dem Geburtstag von James Parkinson, statt. Doch diesmal ist alles anders, unser Land und die halbe Welt leben seit einem Jahr mit der Corona-Pandemie und den Beschränkungen des gesellschaftlichen Lebens. Viele Einschränkungen treffen gerade auch Menschen mit Parkinson, etwa wenn die gemeinsamen Sporttreffen nicht stattfinden können oder Kliniktermine und Rehabilitationen verschoben werden.

Dieter Weng, der kommissarische Vorsitzende des Landesverbandes Hessen in der Deutschen Parkinson Vereinigung dPV, lenkt den Blick in einer Zeit, wo alles von Corona überlagert wird, auf die rund 400.000 Menschen, die in Deutschland mit der Parkinsonerkrankung leben. „ Es gibt so viele Parkinson-Krankheitsbilder, wie es Parkinsonkranke gibt. Morbus Parkinson ist eine sehr vielgestaltige Erkrankung und das macht es für die Behandlungsteams auch so anspruchsvoll, bei jedem Patienten die genau passende Medikation zu finden und immer wieder anzupassen“, betont Dieter Weng.

„Zu wahr, um schön zu sein.“

Wie sich der Umgang mit der Parkinsonerkrankung im Laufe der Zeit verändert hat, erfährt Dieter Weng immer wieder im Gespräch mit Mitpatienten. So berichtete ihm kürzlich ein Betroffener, dass in seiner Familie die genetische Disposition für Parkinson deutlich wird. Die Mutter hatte eine Parkinson-Diagnose zusammen mit Alzheimer, aber schon der Großvater zeigte viele Symptome der Erkrankung. In seiner Familie wurde das aber totgeschwiegen und der Opa mehr oder weniger in seinem Zimmer versteckt. Kein Einzelfall, denn vor nicht allzu langer Zeit wurden die Symptome von unbedarften Beobachtern leicht verkannt und ein Parkinsonpatient dann als „besoffener Trottel“ tituliert.

Zum Glück hat sich inzwischen vieles verändert und darauf weist der Landesvorsitzende der Patientenselbsthilfe hin. „Es ist zwar bedauerlich, dass wir bis heute keine kausale Therapie haben, aber es könnte viel schlimmer sein. Die symptomatische Behandlung und die gesellschaftliche Akzeptanz der Erkrankung ist deutlich besser und ich habe große Bewunderung für die Angehörigen und Freunde, die zu den Betroffenen stehen. Sie sind Beteiligte und auch ihr Leben verändert sich tiefgreifend, wenn der Ehepartner oder die Eltern sich in ihrer Persönlichkeit verändern.“

„Der Mensch mit Parkinsonsymptomen ist der Betroffene,
die Angehörigen sind Beteiligte der Erkrankung“

Die meisten Parkinsonpatienten haben bei der Diagnose Sätze gehört, wie: „An Parkinson stirbt man nicht.“ Oder „Wenn Sie gut eingestellt sind, können Sie steinalt werden.“ Auch wenn viel Wahrheit darin steckt, solche Botschaften verdecken die Tatsache der unabwendbaren Verschlechterung über die Jahre hinweg. Ein schiefer Gang, bei dem Beine oder Arme nachgezogen werden, Zittern, Sprachverlangsamung, Schluck- und Verdauungsschwierigkeiten. Und oft auch eine ausgeprägte Veränderung der Persönlichkeit und des Verhaltens.

Aber auch eine chronische Erkrankung wie Morbus Parkinson kann Positives im Leben bewirken. „Ich bin geduldiger mit anderen geworden, weil ich selbst so langsam bin. Parkinson hat Entschleunigung und Langsamkeit in mein Leben gebracht“, sagt Dieter Weng mit Blick auf die Änderungen gegenüber der früheren Berufshektik.

Mit etwas gutem Willen kann auch die Gesellschaft als Ganzes von Parkinsonpatienten lernen, Entschleunigung und Langsamkeit hat die Gesellschaft als Ganzes durch die Pandemie erfahren und gelernt, innezuhalten, ziellos zu sein. Mit Parkinson dient die eigene Leistung nicht mehr primär einer externen Wertschöpfung, sondern vor allem der Bewältigung des eigenen Alltags. So können sich andere, menschlichere Begegnungen entwickeln, die weniger auf ein Ergebnis gerichtet sind, sondern im Augenblick verweilen können. Die Pandemie grenzt den Umfang der Hilfen zur Unterstützung einer aktiven Lebensführung der Patienten ein. Diese Defizite können aber -so zeigt sich- mit digitalen Medien wie unserer Webseite gemildert werden.

Der Welt Parkinson Tag ist eine Gelegenheit, diese Erkrankung einmal mit anderen Augen zu betrachten.