Mit dem Traktor zum Großglockner

Abenteuer haben viele Gesichter und in dieser Geschichte geht es um einen Mann, der mit der atemberaubenden Geschwindigkeit von 25 km pro Stunde auf seinem Traktor von Fulda nach Österreich zum Großglockner gefahren ist, dort Weltmeister wurde und die ganze Strecke wieder zurück tuckerte. Am besten erzählen wir der Reihe nach und fangen vorne an. Josef Neidhart war Landwirt und hatte einen recht seltenen Traktor der englischen Marke David Brown. Später gab er die Landwirtschaft auf, verkaufte den Traktor und arbeitete als Berufskraftfahrer bis zur Rente. Etwa zeitgleich wurde vor 5 Jahren die Diagnose Parkinson gestellt. Das hielt ihn nicht davon ab, zwei Traktoren der Marke David Brown zu kaufen und eigenhändig zu restaurieren.

Zunächst nahm er mit den restaurierten Gefährten an regionalen Oldtimer-Treffen teil und erfuhr dort von der Oldtimer Traktor WM, die jedes Jahr am Großglockner in Österreich stattfindet. Die Idee war eingepflanzt und seine Frau sowie die Familie unterstützten den heute 68- jährigen Josef Neidhart tatkräftig bei der Umsetzung. Gemeinsam mit seinem Sohn wurde ein Wohnanhänger gebaut und ausgestattet, Routen geplant und die gesamte Reise vorbereitet.

Im September 2021 war es dann soweit, gemeinsam mit seiner Frau Renate machte Josef Neidhart sich auf den Weg von Fulda zum Großglockner. Bis zu zehn Stunden am Tag saßen die beiden auf dem Traktor und tuckerten mit 25 km pro Stunde dahin. „Die Entschleunigung haben wir sehr genossen, man sieht einfach mehr von der Landschaft und den Details, weil man auf dem Traktor hoch sitzt und gemächlich dahinfährt.“, sagt er im Rückblick. Ganz gemütlich war es dennoch nicht, seine Frau musste sich auf einem kleinen Notsitz hinter dem Fahrer zurechtruckeln und beide trugen Gehörschutz, weil der Motor des David Brown lautstark auf sich aufmerksam machte. Das Fahren selbst ging sehr gut, schließlich war Josef Neidhart früher Kraftfahrer und das kam ihm zugute, wenn sich die Autos hinter ihm stauten oder es an einer Kraftfahrstraße nicht mehr weiterging. „Bei mir ist der Parkinson noch im Anfangsstadium und beschränkt sich meist auf einen Tremor. Zudem hat der Traktor auch einstellbares Handgas, das macht es bequemer, die 640 km lange Strecke hin und zurück zu fahren, insgesamt also rund 1.300 km,“ erzählt er von den Erfahrungen der Reise.

Übernachtet haben die beiden in ihrem Wohnanhänger und konnten dort auch ihr Essen selbst zubereiten. „Einmal hat es uns bei der Suche nach einem Abendessen dann doch erwischt, entweder waren die Geschäfte in Bayern schon frühzeitig geschlossen oder die Restaurants konnten wegen COVID erst gar nicht öffnen. Zum Glück sind wir bei der Suche auf nette Menschen gestoßen, die uns ein wenig Brot von sich angeboten haben,“ erzählt Josef Neidhart von ihren Erlebnissen. Brenzlig wurde es auch mal in Österreich, als sie in einer Polizeikontrolle ermahnt wurden, weil die Spiegelverbreiterung für den Wohnanhänger fehlte. Zum Glück konnte die nächste Werkstatt helfen und das Problem war gelöst.

Der Höhepunkt war dann das Oldtimer Traktor Rennen die Serpentinen hinauf zum Großglockner. Wobei man Rennen nicht ganz wörtlich nehmen darf, denn nicht die schiere Geschwindigkeit entscheidet. In der Mitte der Strecke wird die Zwischenzeit genommen und es gewinnt derjenige, der für die erste und die zweite Hälfte der Tour möglichst die gleiche Zeit braucht, Gleichmäßigkeitsfahrt nennen das die Experten. Bei seiner zweiten Teilnahme im Jahr 2022 stimmte dieses Timing bei Josef Neidhart und er konnte die Weltmeisterplakette in der Altersklasse seines Traktor (1972 bis 1981) in Empfang nehmen. Wer mehr über diese ungewöhnliche Veranstaltung wissen möchte, dem empfehlen wir einen Besuch auf der Webseite. Nach ihrer Rückkehr haben die beiden in der Parkinson Selbsthilfegruppe Fulda begeistert von ihren Erlebnissen erzählt. Und wenn es die Gesundheit und die Umstände erlauben, dann werden sie im Herbst wieder auf große Fahrt gehen.

Die Fotos wurden uns dankenswerterweise von Familie Neidhart zur Verfügung gestellt.